Neurodegenerative Erkrankungen (NDDs) wie Alzheimer-Krankheit (AD), Parkinson-Krankheit (PD), amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und Huntington-Krankheit (HD) zeichnen sich durch den fortschreitenden Verlust der neuronalen Struktur und Funktion aus, was zu erheblichen kognitiven und motorischen Defiziten führt. Diese Erkrankungen sind durch mehrere zelluläre Merkmale gekennzeichnet, darunter die pathologische Aggregation von Proteinen, Dysfunktion von Synapsen und neuronalen Netzwerken, Zytoskelettanomalien, gestörte Energiehomöostase, Defekte in DNA und RNA, Entzündungen und schließlich der Tod von Nervenzellen. Das Verständnis der zellulären und molekularen Mechanismen, die diesen Prozessen zugrunde liegen, ist entscheidend für die Entwicklung wirksamer Therapien.
Die Rolle der Primärzellen in der Forschung zu neurodegenerativen Erkrankungen
Primärzellen, die direkt aus Patientengeweben oder Tiermodellen isoliert werden, bieten eine physiologisch relevante Plattform zur Untersuchung der Pathogenese von NDDs. Im Gegensatz zu immortalisierten Zelllinien behalten Primärzellen die genetischen und phänotypischen Eigenschaften des Spenders bei, was sie für die Modellierung von krankheitsspezifischen Zellfunktionsstörungen von unschätzbarem Wert macht. Zum Beispiel können primäre Neuronen und Gliazellen aus betroffenen Hirnregionen wichtige pathologische Merkmale wie die Bildung von Amyloid-β (Aβ)-Plaques, Tau-Hyperphosphorylierung und α-Synuclein-Aggregation nachbilden, die für AD bzw. PD zentral sind.
Neuere Forschungen haben auch die Bedeutung nicht-neuronaler Primärzellen wie Mikrogli und Astrozyten bei der Förderung neurodegenerativer Prozesse hervorgehoben. Mikrogli, die Immunzellen des Gehirns, zeigen eine hohe räumliche und zeitliche Heterogenität in pathologischen Zuständen. Sie können schützende Effekte ausüben, indem sie pathologische Proteinaggregate beseitigen, können jedoch auch zur Neurodegeneration beitragen durch chronische Neuroinflammation, beeinträchtigte Phagozytose und die Ausbreitung von toxischen Proteinen über extrazelluläre Vesikel. Ebenso wurden primäre Fibroblasten von Patienten mit familiären Formen von AD oder PD verwendet, um mitochondriale Dysfunktion, gestörte Autophagie und Stressantwortwege zu untersuchen, was Einblicke in frühe Biomarker und neue therapeutische Ziele lieferte.
Fortschritte bei der Modellierung und den mechanistischen Einblicken
Das Aufkommen der Technologie der induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) ermöglichte die Erzeugung patientenspezifischer neuronaler und glialer Zellmodelle, die die Untersuchung der Krankheitsmechanismen in einer kontrollierten Umgebung ermöglichen. Von iPSCs abgeleitete Neuronen von Patienten mit familiären AD-Mutationen zeigen beispielsweise eine erhöhte Aβ-Produktion, eine Beeinträchtigung der Mitophagie und mitochondriale Dysfunktion, die die in vivo Pathologie widerspiegeln. Diese Modelle haben sich als wesentlich erwiesen, um das Zusammenspiel zwischen genetischen Risikofaktoren, Proteinaggregation und zellulären Stressantworten zu entschlüsseln.
Darüber hinaus haben Einzelzell-Transkriptomik und -Proteomik die dynamischen Zustände primärer Mikrogli und deren Assoziation mit unterschiedlichen pathologischen Merkmalen in NDDs aufgedeckt, was neue Wege für gezielte therapeutische Interventionen eröffnet.